Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich fest vorgenommen den Plastikkonsum in Deutschland zu reduzieren. Beim Plastikgipfel am 27. Februar 2019 in Berlin kamen deshalb wichtigsten Vertreter*innen großer Handelsunternehmen, Umwelt- und Verbraucherverbände sowie eines Unverpackt-Ladens zusammen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bundesumweltministerin signalisiert, wie wichtig ihr die Reduktion von Plastikverpackungen ist. Im November legte Schulze dazu einen 5-Punkte-Plan vor (lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag) und startete die Kampagne „Nein zur Wegwerfgesellschaft – #wenigeristmehr“.

Bei dem jetzt gestarteten Dialog zur Reduktion von Plastikabfällen stellte das Bundesumweltministerium (BMU) konkrete Schritte vor. Diese sehen vor, dass:

  • mehr unverpackte Ware angeboten werden soll,
  • anstelle dünner Plastiktütchen bzw. „Hemdchenbeutel“ für Obst und Gemüse Mehrweg-Netze zum Einsatz kommen,
  • ein schneller Verkaufsstopp für Einwegartikel wie Plastikgeschirr und Strohhalme durchgesetzt wird,
  • Lebensmittel aus der Frischetheke in mitgebrachte Mehrwegboxen eingepackt werden können und
  • überdimensionierte Verpackungen auf die tatsächlich notwendige Größe reduziert werden.

Mehrweg statt Einweg – und umweltfreundliche Verpackungen

Plastikverpackungen sollen aber nicht nur vermieden und drastisch reduziert werden. Handel und Hersteller sollen dazu beitragen, dass mehr Mehrwegverpackungen auf den Markt kommen und Verpackungen grundsätzlich umweltfreundlicher gestaltet werden.

Hierzu stellte die Bundesumweltministerin fest: "Die Erfahrung zeigt, dass wir durch Freiwilligkeit manchmal ehrgeizigere Ziele setzen und diese viel schneller erreichen können als durch Zwang. Auf diesen Effekt setze ich im Dialog mit der Wirtschaft. Ein Beispiel: voraussichtlich ab Mitte 2021 werden Besteck, Teller, Trinkhalme, Wattestäbchen, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff, sowie Lebensmittel- und Getränkebehältnisse aus expandiertem Polystyrol EU-weit verboten. Ich erwarte, dass die beteiligten Unternehmen dieses Verbot freiwillig schon früher umsetzen und solche Waren nach Möglichkeit noch in diesem Jahr auslisten. Eine freiwillige Vereinbarung hierzu will ich im Herbst mit den beteiligten Unternehmen abschließen. Für ihre Eigenmarken haben die Beteiligten das bereits zugesagt."

Beim Runden Tisch zur Verpackungsvermeidung bekräftigte der Handelsverband Deutschland (HDE) seine Unterstützung. „Im Obst- und Gemüsebereich wird die Zahl der leichten Einweg-Kunststofftüten in diesem Jahr reduziert“, erklärt Kai Falk, Geschäftsführer Nachhaltigkeit beim HDE. Das Angebot von unverpacktem Obst und Gemüse wird ausgebaut. Darüber hinaus wird die Branche bei Verpackungen ihrer Eigenmarken den Materialeinsatz reduzieren und die Recyclingfähigkeit verbessern. Der Einsatz von recyceltem Kunststoff soll gesteigert werden.

Große Handelsunternehmen setzen bereits Strategien zur Plastikvermeidung um

Viele Einzelhändler erfüllen bereits einige Vorgaben. So ermöglichen die Filialisten Rewe und Edeka die Mitnahme von Wurst und Käse an der Frischetheke durch mitgebrachte Mehrwegboxen. Sie leisten auch Pionierarbeit bei Plastikverpackungen für Obst und Gemüse, die jetzt durch Banderolen, Mehrwegnetze oder durch umweltfreundlichere Verpackungen aus Graspapier und Maisstärke ersetzt werden. Erprobt werden sogar Lasertattoos auf bestimmten Gemüsesorten, damit eine Verpackung gänzlich unnötig wird. Das Handelsunternehmen Metro kündigte zudem an, gänzlich auf dünne Hemdchenbeutel verzichten zu wollen. Des Weiteren haben viele Handelsfilialisten angekündigt, Einweggeschirr aus Plastik gänzlich aus ihrem Sortiment zu streichen.

Hygienerechtliche Vorschriften überdenken

Doch die Plastikvermeidung stößt insbesondere im Lebensmittelhandel an Grenzen: „Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen hat höchste Priorität, dafür sind Verpackungen oft unverzichtbar“, so Falk. Dass recyceltes Material bei Lebensmittelverpackungen nicht in hohem Maße zum Einsatz kommt, liegt vor allem an den derzeit geltenden, hygienerechtlichen Vorgaben. „Hier muss die Politik die Vorgaben anpassen“, sagt Falk.

Darüber hinaus müssen bei Verpackungen Hygienevorschriften eingehalten werden. Dass Verpackungen Lebensmittel länger haltbar machen, wirft ebenfalls Fragen bei der Kunststoffvermeidung auf: Schließlich werden durch sie auch Lebensmittelabfälle vermieden.

Neue gesetzliche Regelungen für mehr Recycling sind laut HDE jedoch überflüssig. In dem Verpackungsgesetz, dass seit 1. Januar 2019 in Kraft ist, sind bereits höhere Recyclingquoten vorgesehen. Und auch die Förderung recyclingfreundlicher Verpackungen ist darin festgeschrieben. „Zunächst sollte abgewartet werden, welche Ergebnisse das Gesetz bringt“, so Kai Falk.