Mehr als 1.000 Teilnehmende kamen im November in Berlin zusammen, um beim Handelskongress in zahlreichen Vorträgen, Keynotes und Strategieforen mehr zu erfahren und sich auszutauschen über die aktuelle Situation des Einzelhandels nach zwei Jahren Pandemie aber auch über Zukunftsperspektiven. Dabei spielte auch das Thema Nachhaltigkeit und Energiesparen eine große Rolle. 

Am Morgen des ersten Kongresstages erklärte Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, welche politischen Rahmenbedingungen noch verbessert werden müssten, um die Energiewende voranzutreiben. Dabei sieht er vor allem die höheren Netzentgelte in seinem Bundesland als Problem, da sie zu höheren Strompreisen vor Ort führen, obwohl das Land mit seinen Windrädern der größte Ökostromproduzent Deutschlands ist. In seiner Keynote erklärte Rocco Bräuninger, Country Manager Deutschland bei Amazon, wie sich der Onlinehändler in Zukunft nachhaltiger aufstellen will. So soll der Strombedarf des Unternehmens ab 2030 zu 100% aus erneuerbaren Energien stammen, im selben Jahr soll die Hälfte aller Lieferung klimaneutral sein. Bis zum Jahr 2040 strebt Amazon eine vollständige Klimaneutralität an, die es auch über die Elektrifizierung der eigenen Flotte, die IT-gestützte Reduzierung von Retouren und den Ausbau des Second-Hand- und Reparatursegments erreichen will.

Der Handel leistet seinen Beitrag: aktuelle Studie zu Energieverbrauch und CO2-Emissionen im Handel

Im anschließenden Impulsvortrag stellte Prof. Dr. Clemens Rohde vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) die Ergebnisse einer neuen Studie zu Energieverbrauch und CO2-Emissionen des Handels vor. In Auftrag gegeben hatte diese die Klimaschutzoffensive des Handels. Die Studie kommt klar zum Ergebnis: Der Einzelhandel nimmt das Energiesparen ernst und leistet seinen Anteil. So haben in den letzten fünf Jahren insgesamt 93 Prozent der Handelsunternehmen in Deutschland mindestens eine entsprechende Maßnahme umgesetzt. Entsprechend sank der Energiebedarf in den vergangenen fünf Jahren stetig. Zusätzlich ist der Einsatz erneuerbarer Energien gestiegen. Gut ein Drittel der befragten Unternehmen nutzen bereits Technologien wie Photovoltaik, Solarthermie, Wärmepumpen oder Blockheizkraftwerke. Als größtes Hemmnis für die weitere Reduzierung der Verbräuche und die Ausweitung der Nutzung erneuerbarer Energien machen die befragten Händler:innen insbesondere den Mangel an Fachkräften im Handwerk sowie passgenaue Förderprogramme aus.

Zur Studie "Energieverbrauch und CO2-Emissionen im Einzelhandel"

 

Beim Roundtable „Nachhaltig denken, verantwortungsvoll handeln“ erklärte Katarzyna Dulko-Gaszyna, Sustainability Managerin bei IKEA Deutschland, das ihr Unternehmen bis 2030 „klimapositiv“, also mehr Emissionen reduzieren will, als in der Wertschöpfungskette entstehen. Gelingen soll dies u.a. über die Installation von PV-Anlagen an den Standorten, die Investition in Wind- und Solarparks, die Reduzierung von Food Waste mithilfe Künstlicher Intelligenz und den Ausbau des Geschäftssegment Circular Products. Bei der Diskussion stellte Dr. Anne Lamp auch ihr Unternehmen traceless vor, das eine zu 100% aus natürlichen Materialien bestehende und kompostierbare Plastikalternative entwickelt hat. Diese kann in verschiedenster Form als Verpackung, für die Beschichtung anderer Materialien und sogar als Klebemittel verwendet werden.

Dunja Hayali diskutiert beim Handelskongress mit Katarzyna Dulko-Gaszyna, Sustainability Managerin bei IKEA Deutschland und Dr. Anne Lamp, Gründerin von traceless materials, über nachhaltiges Wirtschaften im Einzelhandel. Bild: Jörg Sarbach

Am 2. Tag des Kongresses stellten Christel Delberghe von EuroCommerce und Raphael Buck von McKinsey die gemeinsame Studie „Transforming the EU retail and wholesale sector“ vor. Diese kommt zu dem Schluss, dass die Dekarbonisierung des Einzelhandels mittels Investitionen in Nachhaltigkeitsmaßnahmen weiter voran gehen muss. Denn 40 Prozent der EU-weiten THG-Emissionen werden vom Einzelhandel verursacht, rechnet man die Wertschöpfungsketten mit ein. Die Autor:innen der Studie sehen in der Umstellung auf nachhaltigeres Wirtschaften die Chance für Händler:innen, sich neue zirkuläre Geschäftsmodelle zu eröffnen, ihr Sortiment umzugestalten und sich neue grüne Wertschöpfungsketten zu erschließen. Dies bringe nicht nur Kostenersparnisse sondern auch neue Einnahmemöglichkeiten. Darüber hinaus könne es Anreiz für Kund:innen sein, nachhaltigere Kaufentscheidungen zu treffen.

Wirtschaftsminister Habeck lobt Engagement des Handels beim Energiesparen

In seiner politischen Keynote würdigte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck die Energiesparmaßnahmen des Einzelhandels und die Arbeit der Klimaschutzoffensive des Handels. Die zusätzlichen Maßnahmen zum Energiesparen seien im Sommer noch belächelt worden, aber der Handel habe mit den Effizienzmaßnahmen seinen Teil beigetragen und „heute sehen wir, dass es funktioniert“, sagte Habeck. Dabei hob er auch noch mal die Plakatkampagne der Klimaschutzoffensive hervor, die den Handel bei der Umsetzung der Maßnahmen unterstützt.

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