Die EU-Kommission beabsichtigt im kommenden Jahr, Vorschläge für eine Nachhaltigkeitskennzeichnung bei Lebensmitteln vorzulegen. Die führenden Unternehmen des Lebensmittelhandels haben hierzu bereits Überlegungen mit dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) angestellt.

Wir sprachen hierzu mit Christian Mieles, dem Geschäftsführer des BVLH.

Was ist das Motiv, sich bereits jetzt mit dem Thema zu befassen?

Wir beobachten die Entwicklungen in Brüssel zur Vorbereitung der Nachhaltigkeitskennzeichnung ganz genau. Wir wollten hier unsere Überlegungen und Ideen frühzeitig einspeisen, was uns gelungen ist.

Was wurde mit den Unternehmen erarbeitet?

Wir haben nach intensiver Abstimmung ein umfangreiches Positionspapier erstellt, das erste Überlegungen für ein freiwilliges System zur Kennzeichnung der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln enthält.

Dies soll dazu beitragen, dass Konsumentinnen und Konsumenten künftig noch leichter eine nachhaltigere Kaufentscheidung treffen können. Damit soll der stufenübergreifende Diskussionsprozess in Deutschland rechtzeitig angeschoben werden.

Was genau soll transparenter gemacht werden?

Im Prozess zeigte sich, dass bereits zentrale Dimensionen der Nachhaltigkeit inklusive einzelner Aspekte reguliert beziehungsweise durch starke freiwillige Ansätze sowie Initiativen aufgegriffen und umgesetzt worden sind. Bleiben die Umweltauswirkungen von Lebensmitteln als wesentliche Dimension eines übergreifenden Ansatzes, die im Detail weiterverfolgt wurden.

Welche Kriterien sind für den Ansatz relevant?

Was die Kriterien anbelangt, bietet die europäische Methode zur Quantifizierung des Umweltfußabdrucks von Produkten - die PEF-Methodik - für den Handel eine gute Grundlage. Sie sollte aber dringend weiterentwickelt werden. Zudem sollten die Umweltleistungen von Bio-Produkten entsprechend gewürdigt werden.

Zusätzlich sollte ein Bonus-Malus-Punktesystem für weitere relevante Aspekte, wie Biodiversität, Böden, Pflanzenschutz, Nachhaltigkeitsstandards, Umweltpraktiken der Staaten, Futtermittel, Regionalität, Verpackung etabliert werden.

Werden hier nicht umfangreiche Daten benötigt?

Daten sind tatsächlich notwendig. Grundsätzlich sollten Sekundärdaten für die Berechnung der Kennzeichnung von den Unternehmen genutzt werden können. Aber auch eigene Primärdaten sollten zur Abbildung von Verbesserungen möglich sein. Die Vergleichbarkeit und Transparenz der Daten sollten unabhängig gesichert werden.

Wie weit soll eine Regelung erfolgen?

Hier sind wir der Auffassung, dass eine mögliche Kennzeichnung freiwillig verpflichtend erfolgen sollte. Das heißt, es bleibt den Unternehmen freigestellt, die Kennzeichnung zu nutzen. Wenn sie das tun, dann nach festen Regeln. Das schafft die nötige Flexibilität für ein so anspruchsvolles Vorhaben.

Alles sollte natürlich europäisch harmonisiert sein, um den Unternehmen EU-weit Rechtssicherheit zu geben. Dabei kann eine Kennzeichnung am Produkt zielführend sein, um Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Transparenz und eine Wahlmöglichkeit für einen nachhaltigeren Konsum zu bieten.

Wie kann man sich die Kennzeichnung vorstellen?

Erste Ideen für eine visuelle Ausgestaltung der Kennzeichnung bieten bestehende Ansätze mit einer Mehrstufigkeit und Farbigkeit. Außerdem sollte der Rechenweg zur Ermittlung des Nachhaltigkeits-Scores überprüfbar und nachvollziehbar sein.

Wie stellt man sich die Umsetzung vor? 

Was die Einführung eines entsprechenden Kennzeichnungssystems anbelangt, sollte diese in einem gestuften Prozess und europäisch harmonisiert erfolgen, um den mitwirkenden Unternehmen ausreichend Zeit für die Umstellung, insbesondere ihrer Eigenmarken, zu geben.

Was sind die nächsten Schritte?

Die Branche ist jetzt daran interessiert, die Ideen mit den politischen Akteuren auf europäischer und nationaler Ebene sowie den vor- und nachgelagerten Stufen zu diskutieren. Erste Gespräche wurden bereits geführt, weitere Termine stehen an.

 

 

Der BVLH hat die Überlegungen in ein Positionspapier überführt, das auf seiner Homepage abrufbar ist: https://www.bvlh.net/informationen/verbandspositionen.